Der Frühling kommt

So langsam steigern sich die Temperaturen und somit auch meine Laune. Die ersten Kirschbäume blühen schon in herrlichem weiß und wenn ich aufs Land herausfahre mit dem Zug, sehe ich saftig grüne Wiesen, auf denen die Schafshirten ihre Herden weiden lassen. Ihre Hunde laufen nun wieder bellend dem Zug hinterher. Auch die Timisoara erwacht wieder zum Leben. Früh zwitschern die Vögel und gurren die Tauben und die Bäume erblühen langsam im grün. Manche Vorgärten der Leute erwachen in kleinen Beeten zu neuem Leben. Der Winter ist nun endlich vertrieben und ich merke je mehr die Umwelt an Farbe gewinnt und länger die Sonne scheint desto mehr Lebensenergie kann ich aus dem Tag schöpfen.

Vor einer Woche haben wir in unserer WG einen Neujahrsputz gemacht und die Balkone und deren Türen/Fenster auf Vordermann gebracht. Auf meinem Balkon an meinem Zimmer habe ichs endlich geschafft mal alle Töpfe, in denen die Pflanzen über den Winter weggestorben sind, neu zu bepflanzen.
Bei den kleinen Kindern, die Vormittags kommen, sitz das kleine 1×1 nun fast schon bei allen sicher und auch das Dividieren wird fleißig geübt.
Einer der Köchinnen ist vor drei Wochen nach England gegangen, da sie, soweit ichs verstanden habe, dort Arbeit gefunden hat.
Die ältesten Jugendlichen stehen zur Zeit vor ihren Examen und Abschlußprüfungen und in den Fremdsprachen scheint es nicht so recht zu gelingen. Was mir aber schon öfters aufgefallen ist, wenn ich bei Deutsch oder Englischhausaufgaben helfe, dass die Anforderungen für das Sprachniveau der Kinder viel zu hoch angesetzt sind. Auf der anderen Seite kann ich nicht einschätzen wie qualifiziert der Unterrichtsstoff in der Schule übermittelt wird.
Aber auch einer der Erzieher hat mir gesagt, dass das rumänische Bacalaureat(Abitur) nach sehr hohen Maßstäben gemessen wird und aber die Schüler im Unterricht nicht immer gut darauf vorbereitet werden.

Im Nachtasyl ist soweit alles beim Alten. Über die Familien habe ich nun erfahren, dass sie zur Zeit noch im Frauenhaus sind. Der Aufenthalt dort ist aber auf 3 Monate beschränkt, da es nur eine Pufferzone darstellen soll, bis eine neue Wohnung und Arbeit gefunden ist. Eigentlich ist dies auch die Regel oder die Idee des Nachtasyl, aber wie schon in den Berichten zuvor erklärt, ist es nicht einfach als Obdachloser in Rumänien einen sicheren Job und Wohnung zu finden. Natürlich gibt es auch Leute für die das Nachtasyl eine bequeme Lösung ist und deswegen viele auch nicht den Mut oder die Kraft finden in ein geregeltes Leben zurückzufinden. Oder sie sind schon auf der Straße aufgewachsen und kennen daher gar nich ein geregeltes Leben.
Auf jeden Fall haben zwei der Familien im Frauenhaus jetzt erstmal eine Wohnung und Arbeit in Aussicht, was sich dann wahrscheinlich in einem Monat entscheiden wird.

Mit meinem Besuchdienst kann ich jetzt wegen dem guten Wetter auch wieder gemeinsam mit ihr Einkaufen geht, weswegen wir jetzt wieder immer den Rollstuhl auspacken und sie an die frische Luft und generell mal rauskommt. Heute habe ich die 26° Grad und die Sonne genutzt um mit ihr nach dem einkaufen einen kleinen Umweg zu ihr nach Hause zu nehmen um das schöne Wetter genießen zu können.
Wir fahren dann immer auf der Straße und sie nennt ihren Rollstuhl ihre eigene Limousine.